Ein Erntehelfer verlädt Kisten mit frisch geernteten Spargel.

Mecklenburg-Vorpommern Halbzeit bei der Spargelernte: Gute Qualität, schlechte Stimmung

Stand: 09.05.2024 11:30 Uhr

Etwa drei Wochen früher als sonst hat in diesem Jahr die Spargelernte begonnen. Der Start war schwierig, aber der Spargel hat bislang eine Super-Qualität. Dennoch blicken die Anbauer in MV pessimistisch in die Zukunft.

Von Silke Müller

Spargel ist das saisonale Lieblingsgemüse der Deutschen. Nirgendwo wird so viel weißer Spargel gegessen wie hierzulande: 1,4 kg pro Kopf und Jahr. Dieses Jahr begann die Ernte ungewöhnlich früh - wegen der sehr warmen Temperaturen bereits Anfang April. Jetzt ist Halbzeit bei der Spargelernte. Die fünf größten Anbauer in Mecklenburg-Vorpommern sind bislang ziemlich zufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Ernte. Das haben sie NDR 1 Radio MV gesagt.

Erntestart früher als sonst

Der frühe Erntestart hat sich beim Kaufverhalten bemerkbar gemacht, erklärt Madeleine Bluhm vom Spargelhof Demmin. "Bei den kalten Temperaturen hatte erst keiner Lust, Spargel zu kaufen. Bei uns im Hofladen war der Absatz eher schleppend. Die Leute waren ganz erschrocken, dass wir schon im April Spargel hatten." Aber dafür sei in diesem Jahr die Qualität sehr gut, auch erwarten die meisten Landwirte eine bessere Ernte als 2023.

Spargel etwas günstiger als letztes Jahr

Aktuell liegt der Kilopreis für Spargel der Klasse 1 bei etwa 14,90 Euro. Damit ist er im Schnitt etwas günstiger als im vergangenen Jahr. Aber die Nachfrage geht seit Jahren zurück. Die Leute gucken aufs Geld und weißer Spargel scheint bei jungen Leuten nicht so beliebt zu sein, beobachtet Sebastian Böckmann vom Hof SABÖ in Nantrow bei Wismar. "Der klassische Spargelkunde ist über 50 Jahre alt. Junge Leute haben anscheinend keine Lust mehr, Spargel zu kochen", meint Böckmann. Mit 60 Hektar ist sein Hof SABÖ mittlerweile der größte Spargelanbauer in Mecklenburg-Vorpommern.

Hohe Personalkosten und steigende Betriebskosten

Ein Problem für die einheimischen Anbauer sind der Billigspargel zum Beispiel aus Griechenland, Polen und Ungarn und auch die Konkurrenz innerhalb Deutschlands. Großbetriebe wie Beelitz aus Brandenburg verkaufen auch in Mecklenburg-Vorpommern und können die Preise ganz anders kalkulieren als kleine Anbauer hierzulande.

Immer weniger Spargel aus MV

Ein weiteres Problem sind die hohen Personalkosten durch den Mindestlohn, die Inflation und die steigenden Betriebskosten. Deshalb haben fast alle Landwirte ihre Spargelanbaufläche reduziert, wie zum Beispiel "Hof Denissen" in Wöbbelin von 60 auf 40 Hektar. 2021 wurden in Mecklenburg-Vorpommern noch auf 200 Hektar Spargel angebaut, mittlerweile sind es nur noch 142 Hektar, so das Statistische Landesamt.

Auch der Hof "Bauer Lange" in Ummanz auf Rügen hat von ursprünglich zehn auf zwei Hektar Spargel reduziert und produziert fast nur noch für das eigene Restaurant. "Jedes Jahr überlege ich, ob ich weiter mache. Und dann sagen meine Gäste: 'Ach Herr Lange, das wäre schade, das schmeckt immer so gut bei Ihnen'. Und dann mache ich weiter", sagt Hof-Chef Thomas Lange. Aber steigende Lohnkosten und die sinkende Nachfrage mache den Spargelanbau für ihn zu einem "Experiment in dieser Gesellschaft". Er wisse nicht, wie lange sich das noch rechne. Fast alle Landwirte haben auch den Verkauf in den Hütten eingeschränkt, weil sie nicht genug Personal finden.

Erntehelfer aus Rumänien, Bulgarien und Polen

Geerntet wird das Edelgemüse von Saison-Arbeitskräften aus Rumänien, Bulgarien und Polen. Sebastian Böckmann aus Nantrow, Mecklenburg-Vorpommerns größter Spargel-Anbauer, beschäftigt etwa 60 Saisonarbeiter aus diesen Ländern. Sie kommen oft schon jahrelang und die Landwirte sind in der Regel sehr zufrieden mit ihnen. Wie es mit dem Spargelanbau in MV weitergeht, ist unklar. Vor allem wegen der steigenden Personalkosten blicken viele Landwirte pessimistisch in die Zukunft. Die Produktion werde zu teuer und die Nachfrage sinke. Schlechte Aussichten für Spargel aus Mecklenburg-Vorpommern.

Er besteht zu 93 Prozent aus Wasser, zu etwa zwei Prozent aus Proteinen, etwa vier Prozent sind Kohlenhydrate und nur 0,2 Prozent sind Fette. Spargel hat somit nur 150 Kalorien pro Kilogramm.

Dass der Spargel weiß ist, liegt daran, dass er komplett unter der Erde wächst, am besten in lockeren, sandigen Böden. Wenn der Spargel zum Ende der Wachstumszeit seine Spitze aus den aufgeschütteten Dämmen steckt, verfärbt er sich bläulich-lila. Der grüne Spargel wächst hingegen komplett oberirdisch und erhält seine Farbe durch Photosynthese.

Spargel ist eine Dauerkultur - wird auf ca. zehn Jahre angebaut. Er wird als zweijährige Pflanze gesetzt - ab dem dritten Jahr können etwa 50 Prozent der Stangen schon gestochen werden. Danach wird rund acht bis zehn Jahre geerntet. Bedeutet: Geld bringt Spargel den Landwirten erst ab dem dritten Jahr.

Klassischerweise wird weißer Spargel in Deutschland mit Salzkartoffeln, Schinken und einer Sauce Hollandaise serviert. Aus Frankreich kommt der Trend, Spargel mit Räucherlachs zu servieren. In Spanien landet bissfest gegarter grüner Spargel in einer Tortilla. In Italien ist der grüne Spargel häufig eine Salatbeilage für Fischgerichte.

Der überwiegende Teil des Spargels wird konventionell angebaut. Es gibt jedoch eine wachsende Anzahl komplett ökologisch wirtschaftender Betriebe. 167 Bio-Bauern gibt es laut Statistischem Bundesamt in Deutschland. Gemeinsam bewirtschaften sie 1.576 Hektar Land und ernten mehr als 8.000 Tonnen im Jahr. Bio-Spargel wird pestizidfrei angebaut. Die Landwirte verzichten auch darauf, ihre Felder energieintensiv zu beheizen.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 09.05.2024 | 12:00 Uhr